Der tägliche Sitzmarathon beginnt beim Frühstück, geht weiter im Auto, später im Büro und dann auf der Couch oder im Kino. Wer 40 Jahre lang gearbeitet hat und acht Stunden am Tag sitzt, hat insgesamt rund 70.000 Stunden am Schreibtisch verbracht - sitzend. Stress pur für den Körper.
Die Folgen dieser ungesunden Lebensweise: Mehr als 30 Millionen Menschen leiden unter Rückenschmerzen, 20 Millionen von ihnen müssen deswegen zu Arzt/Ärtzin, rund ein Drittel aller Krankmeldungen sind darauf zurückzuführen.
Nur Berufsanfänger:Innen bemühen sich in den ersten Jahren ihres Berufslebens oft um einen sportlichen Ausgleich. Mit zunehmendem Leistungsdruck und größerer Verantwortung nimmt dies jedoch ab.
Die Folge von allem Übel ist Stress. Und der hat sowohl körperliche als auch psychische Auswirkungen. Körperlich, indem er die inneren Organe, den Kreislauf und das Immunsystem beeinträchtigt und psychisch mit Folgen für Schlaf, Stimmung und Konzentrationsfähigkeit. Die ersten Alarmzeichen sind vielfältig: Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen oder häufige Infekte. Spätfolgen können Bluthochdruck oder Diabetes sein.
Das Institut für Arbeits- und Sozialhygiene in Karlsruhe hat in einer Studie unter mehr als 10.000 Führungskräften diagnostiziert: Rund 80 Prozent der Befragten klagten über vegetative Störungen und Probleme mit Herz, Kreislauf, Magen und Darm. Bei 40 Prozent zeigt die Waage zu viel Gewicht an.
Die Beschwerden sind aber nicht nur typisch für Führungskräfte, die schon lange im Geschäft sind. Im Internetzeitalter sind lange Arbeitszeiten, Bewegungsmangel und ungesunde Ernährung eine Form der Erschöpfung für den Körper. Mediziner:Innen sprechen von "Webjahren" - ein Jahr Arbeit in der Internetwirtschaft belastet den Körper so stark wie drei "normale" Arbeitsjahre. Muskel-, Nerven- und Skelettschäden gehören zum Tagesablauf von Menschen, die einen Großteil des Tages vor dem Bildschirm verbringen. Das gilt auch für den "Mausarm".
Was ist zu tun? Neben Ausgleichssport und gesunder Ernährung ist es besonders wichtig, bei der Arbeitsplatzgestaltung auf ergonomische Aspekte zu achten. Die Belastung sollte so gering wie möglich gehalten werden, um die Arbeitsergebnisse so positiv wie möglich zu beeinflussen.
Die EU hat dazu Richtlinien erlassen. Dazu gehören unter anderem die Mindestgröße des Raumes, die Bewegungsfläche am Arbeitsplatz, die Tiefe des Schreibtisches, der Sichtabstand zum Bildschirm und der Platz, der für Beine und Füße zur Verfügung stehen muss. Darüber hinaus müssen Möbel und Stühle bestimmte Eigenschaften aufweisen - der europäische Bürostuhl sollte beispielsweise mit fünf Rollen ausgestattet sein.
Richtlinien hin oder her - ein Arbeitsplatz kann mit wenigen Handgriffen "gesund" gemacht werden. Eine Schreibtischhöhe von 72 Zentimetern ist ideal. Sie sollten so sitzen, dass Ihre Ober- und Unterschenkel einen rechten Winkel bilden. Die Wirbelsäule wird entlastet, wenn die Füße auf eine Stütze gestellt werden. Oberschenkel und Unterarme sollten beim Schreiben auf der Tastatur parallel gehalten werden, wobei die Unterarme nicht auf dem Schreibtisch aufliegen sollten.
Der Computerbildschirm ist optimal ausgerichtet, wenn sich die oberste Zeile auf Augenhöhe befindet. Der Abstand zum Bildschirm sollte zwischen 45 und 80 Zentimetern liegen. Natürlich ist es wichtig, dass der Bildschirm möglichst wenig flimmert und ein gutes Helligkeits- und Kontrastverhältnis hat.
Darüber hinaus sollten Bildschirm und Fenster im rechten Winkel zueinander stehen. Der Bildschirm sollte so aufgestellt werden, dass man nicht nach draußen schauen kann, zum Beispiel auf den schönen Rhein. Denn Tageslicht blendet - auch wenn die Jalousien heruntergelassen sind. Außerdem sind die Leuchtstoffröhren fast immer parallel zum Fenster angebracht und spiegeln sich daher im Monitor.
Der Bürostuhl sollte den Rücken in verschiedenen Haltungen optimal stützen. Flexibilität ist bei einem guten Stuhl das A und O, denn der Körper ändert etwa alle 30 Sekunden seine Haltung.
Stehpulte können den Schreibtisch nicht ersetzen, aber sie können ihn ergänzen. Stehen entlastet die Wirbelsäule. Ideal ist es, mehrmals am Tag zwischen Schreibtisch und Stehpult zu wechseln. Aber auch das Stehpult sollte bestimmte Anforderungen erfüllen: Es muss so stabil sein, dass man sich darauf abstützen kann. Außerdem sollte es in der Höhe variabel sein und die Möglichkeit bieten, einen Fuß abzustellen.
Wer diese Regeln beachtet, kann vermeiden, was Voltaire schon im 18. Jahrhundert beklagte: "In der ersten Hälfte unseres Lebens ruinieren wir unsere Gesundheit, um Geld zu bekommen. Und in der zweiten Hälfte geben wir das meiste Geld aus, um unsere Gesundheit wiederzuerlangen."